Kooperation und so… Ich weiß, ich weiß.
Glaube mir, ich weiß genau, wo du gerade stehst. Es gibt fast nichts Nervenaufreibenderes, als wenn du bittest und bettelst, dein Kind möge doch endlich zum Essen kommen, oder sich die Zähne putzen lassen, oder für den Tag anziehen, oder sein Zimmer aufräumen, oder sich die Windel wechseln lassen, oder …
Gerade in der Autonomiephase, unglücklicherweise „Trotzphase“ genannt, ist das bevorzugte Wort eines Kindes „nein“! Das kann für die Eltern zur Mammutaufgabe werden und nicht selten neigen Eltern dann dazu, zu drohen und zu strafen, damit sie endlich erreichen, was sie erreichen möchten: Kooperation von Seiten ihres Kindes.
Aber auch bei älteren Kindern fragen sich Eltern manchmal, ob es Sinn macht, einen Termin beim Ohrenarzt zu vereinbaren. Die Kinder stellen sich taub, so scheint es zumindest. Eltern sind dann versucht, hart durchzugreifen. Tatsächlich erreichen sie vielleicht vorübergehend, dass sich das Kind fügt – doch auf Kosten der Beziehung zu ihm.
In meinen Elternberatungen gibt es für mich ein übergeordnetes Ziel, wonach sich alle Handlungen ausrichten: Eine nachhaltig gute Beziehung zwischen Eltern und Kind. Mein Kunde ist immer die Beziehung.
Nachfolgend gebe ich dir 12 Tipps an die Hand, die dir helfen werden, die Beziehung und Kooperation zu deinem Kind zu verbessern und schlagartige, sofortige Erfolge zu erreichen.
Bevor du etwas von deinem Kind willst: Stelle die Bindung her
Regel Nr. 1, wenn du etwas von deinem Kind willst: Stelle vorher die Bindung her. Ist dein Kind im Spiel oder seinem Tun vertieft, kannst du noch so laut und noch so oft aus der Küche herausrufen, es wird nicht darauf reagieren. Wenn du dann zu deinem Kind gehst, nach zig Mal rufen und bitten, wirst du vermutlich genervt sein und dein Kind das spüren lassen.
Stelle stattdessen erst einmal die Bindung her, das tust du, indem du auf Augenhöhe gehst, den Blickkontakt herstellst, und ihr euch anlächelt. Dann erst formuliere deinen Wunsch.
Das funktioniert übrigens nicht nur bei Kindern, sondern grundsätzlich im zwischenmenschlichen Bereich, zum Beispiel bei deinem Partner.
Ergründe das aktuelle Bedürfnis deines Kindes
Oft sind Kinder in ihrem Spiel vertieft und kooperieren deswegen nicht. Dahinter steckt keine böse Absicht. Welches Bedürfnis könnte gerade hinter dem Mangel an Kooperation stecken? Spielen? Möglicherweise kannst du das Bedürfnis deines Kindes nach Spiel kombinieren mit deinem Wunsch, den du an dein Kind hast?
Das bringt mich gleich zum nächsten Tipp…
Mache aus allem ein Spiel
Ich sage immer: Mache aus allem ein Spiel und die Kooperation ist dir sicher. Kinder wollen vor allem eines: Spielen, spielen, spielen. Alles andere gleicht dem Prinzip von Arbeit, was Kinder schlichtweg langweilig finden. Du möchtest, dass dein Kind das Zimmer aufräumt? Tut, als wärt ihr zwei Bagger, die das ganze Spielzeug zur Deponie bringen.
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Erkenne, wenn das Fass voll ist
Wie oft musste dein Kind heute schon kooperieren, sich an Regeln halten? Irgendwann wird die Bereitschaft zur Kooperation schwächer oder ist ganz weg und dein Kind ist nicht mehr bereit, sich an deine Regeln oder Vorgaben zu halten. Die Lösung: Machtumkehrspiele – am besten präventiv.
Es kann auch sein, dass das Stressfässchen deines Kindes voll ist und es sich durch Weinen und Wüten (in liebevoller Annahme und Begleitung) von seinem Stress befreien muss, damit es wieder kooperativer sein kann.
Schraube die Ansprüche an dein Kind runter
In unserer Gesellschaft müssen leider schon die ganz kleinen Kinder funktionieren. Wir pressen die Kinder in unser Leben, statt uns an ihres anzupassen. In Zuge dessen passiert es uns schnell, dass wir vergessen, dass Kinder keine kleinen Erwachsenen sind.
Kann es sein, dass du völlig unbewusst von deinem Kind erwartest, dass es sich auf dem Entwicklungsstand eines Erwachsenen befindet?
Wie steht es um dein Verständnis für kindisches Benehmen und Mangel an Selbstkontrolle?
Bist du schnell frustriert, wenn du immer alles fünf Mal erklären musst?
Enttäuscht es dich, wenn dein Kind Fehler macht?
Versuche, dir in diesen Situationen wieder vor Augen zu halten, dass wir alle Jahre oder gar Jahrzehnte gebraucht haben, bis wir vom Kind zum Erwachsenen wurden.
Strafen führen mittel- und langfristig nicht zum Ziel!
Strafen führen uns zwar manchmal kurzfristig zum Ziel, aber schon mittelfristig wirst du merken, zum einen bringt es nichts mehr und zum anderen geht es auf Kosten eurer guten Beziehung. Aus verschiedenen Gründen rate ich von Strafen entschieden ab.
Freiwillige Kooperation bedingt, dass sich dein Kind von dir verstanden fühlt, sich sicher fühlt, kooperieren will! Denn das wollen Kinder natürlicherweise. Strafen fördern dies alles nicht.
Dein Kind braucht Informationen und Gründe
Will dein Kind mit Stiften an die Wand malen, erkläre, warum du möchtest, dass es stattdessen auf Papier malt. Oder rennt es Richtung Straße, erkläre ihm oder ihr, dass es auf der Straße wegen der Autos gefährlich ist und dein Kind auf dem Gehweg sicher ist. Wenn dein Kind im Esszimmer eine Höhle baut, du das nicht möchtest, weil ihr gleich dort Essen werdet, erkläre das und zeige Alternativen auf, wo dein Kind stattdessen die Höhle bauen kann.
Achte auf deine Wort: Ich-Botschaft statt Appell!
Viele Eltern benutzen in der Kommunikation mit Kindern Appelle: „Zieh dich jetzt an!“
Wähle stattdessen eine Ich-Botschaft („Ich möchte“ statt „Du sollst“) und gebe, wenn nötig, Informationen an die Hand, warum dein Kind sich jetzt anziehen soll. Du kannst auch eine Auswahl anbieten, dann hat dein Kind das Gefühl, mitbestimmen zu dürfen: „Möchtest du lieber die blaue oder die grüne Hose anziehen?“
Kommuniziere klar und verständlich, was du willst
Viele Missstimmungen in Familien entstehen durch ungeschickte Kommunikation. Es kommt weniger darauf an, was Eltern sagen, sondern auf das Wie und Warum. Vieles, was Eltern als Ungehorsam empfinden, entsteht, weil sie sich nicht deutlich ausdrücken oder missverständliche / zweideutige Signale senden.
Stattdessen wähle klare Botschaften.
Statt: „Mama telefoniert gerade“ sage „Ich brauche gerade Ruhe. Wenn ich fertig bin, komme ich zu dir.“ Du kannst auch noch hinzufügen: …“dann spielen wir etwas zusammen“. Je kleiner die Kinder, desto hilfreicher ist es, den Fokus auf den nächsten Moment und das Wiedersehen zu legen. Möglicherweise kann dein Kind auch schon das Spiel aufbauen, das ihr gleich zusammen spielen werdet. Oder es kann in der Zeit des Telefonats ein Bild für dich malen, so hält es gleichzeitig an der Bindung fest.
Schenke deinem Kind Zeit: Das ist das höchste Gut
Meiner Erfahrung als Mutter und Familiencoach nach gibt es kaum etwas Effektiveres als seinem Kind etwas ganz besonders Wertvolles zu schenken: Gemeinsame Zeit. Ein Stückchen, in der heutigen schnelllebigen Welt, unserer wertvollen ZEIT! Schenke deinem Kind 1:1-Zeit mit dir!
Schenke ihm bei dem, was ihr gemeinsam tut, deine volle Aufmerksamkeit und interessiere dich für die Dinge, die ihn interessieren. Und wenn es ist, dass er dir sein Computerspiel erklärt… Wahres Interesse an den Themen, die dein Kind beschäftigen, wird eure Bindung auf jeden Fall stärken.
Übrigens: Zeit schenken ist in jedem zwischenmenschlichen Bereich möglich und wichtig, wenn wir die Beziehung stärken möchten.
Sprich über deine eigenen Gefühle
Lass dein Kind wissen, was sein Verhalten mit dir macht. Bleibe bei dir und sprich über deine Gefühle. Beispiel: „Ich mag nicht mehr ständig die Krümel im Wohnzimmer aufkehren.“
Je nach Alter des Kindes kannst du fragen, was eine Lösung sein könnte. Lass dein Kind also einen Lösungsvorschlag machen.
Überdenke deine Erwartungen
An dieser Stelle möchte ich mit dir meinen Leitsatz teilen. Wie ich finde, ein Augenöffner, denn: Wir können unsere Kinder nicht verändern, so sehr wir uns auch bemühen. Am Ende ist es deine Kraft, die dabei auf der Strecke bleibt. Achte auf dich!
Junge Kinder haben intensive Gefühle und Bedürfnisse. Sie sind naturgemäß laut, neugierig, unordentlich, willensstark, ungeduldig, fordernd, vergesslich, ängstlich, egoistisch und voller Energie. Versuche, dein Kind zu nehmen, wie es ist.
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