„Kinder in Deutschland sind so unglücklich wie nie zuvor. Und nicht nur das: Generationenforscher Rüdiger Maas sagt, dass immer mehr Kinder unselbstständig sind und mit Frustration kaum klarkommen. Ein Gespräch über mögliche Folgen für eine ganze Generation“, so beginnt der Artikel bei Focus Online vom 30. März 2022.
Alarmierend?
Oder überspitzt?
Maas möchte mit seinem Buch „Generation lebensunfähig: Wie unsere Kinder um ihre Zukunft gebracht werden“ vor allem wachrütteln, erklärt er im Focus-Interview.
Die Gründe, die er anführt, sind nicht von der Hand zu weisen:
- Die Digitalisierung – Medien überall
- Kindern wird zu viel abgenommen
- Ungeduld – alles, und zwar sofort!
- Eltern mangelt es an Zeit fürs Kind
- Immer mehr Kinder zeigen Auffälligkeiten
- Die Übersättigung – von allem zu viel
- Der gesellschaftliche Wandel – das „Dorf“ fällt weg
Auf vier dieser Punkte werde ich folgend eingehen.
Wenn Eltern ständig das Smartphone in der Hand halten

„Die heutige Elterngeneration ist sehr digitalaffin“, so Maas.
„Kinder von heute können sich ein Leben ohne Smartphone und Co. gar nicht mehr vorstellen.“
Tatsächlich sind Eltern und die Hauptbezugspersonen eines Kindes das beste Vorbild, das ein Kind hat.
Kinder lernen vor allem am Vorbild ihrer Bindungspersonen.
Was Mama macht oder Papa sagt wird nicht hinterfragt, sondern als Wahrheit vom Kind angenommen.
Das Hinterfragen und das Finden eigener Wahrheiten und Wege kommt erst im Teenager-Alter.
Gleichzeitig sind die digitalen Medien in unserem Leben nicht mehr wegzudenken.
Hier wird schnell die Wettervorhersage geprüft, da eine Überweisung getätigt, der Lieblings-Podcast läuft während des Kochvorgangs oder man schaut in den wenigen Pausen, die man als Eltern hat, mal eben in der Instagram-Timeline vorbei.
Fakt ist: Kinder sehen Eltern sehr oft mit dem Smartphone in der Hand.
Da ist es kaum verwunderlich, dass sie nicht die Nachmittage auf der Straße mit anderen Kindern spielend verbringen, sondern sich eher online zum Daddeln verabreden.
Sie machen es den Eltern nach.
Denn sie hinterfragen nicht.
Wenn dann die Mutter wieder meckert, dass das Kind so viel am Tablet rumhängt, ist das für das Kind schwer nachvollziehbar.
Klar, dass hier Frust entsteht – auf beiden Seiten.
Ein zusätzliches Problem laut Maas:
„Wenn wir davon ausgehen, dass Kinder ein Spiegelbild unserer Gesellschaft sind, kann es sein, dass es niemandem auffällt, weil wir uns alle so entwickeln. Wenn wir alle permanent vier bis acht Stunden am Tag ins Smartphone schauen, dann fällt das niemandem negativ auf, weil es ja alle so machen.“
Hinzu kommt der Druck der Gesellschaft, dass alle Kinder in der Klasse das neue iPad haben und das eigene Kind droht ohne ein solches zum Außenseiter zu werden.
„Wir sind da inzwischen in einer Spirale gefangen, die den Kindern überhaupt nicht mehr gut tut“, sagt Maas.

Mein Fazit: Beobachte dich und deinen eigenen Medienkonsum.
Legt Medienpausen oder sogar -tage ein, an denen ihr die Zeit ausschließlich miteinander verbringt.
Legt Zeiten fest, in denen das Handy aller Familienmitglieder immer weggelegt wird, zum Beispiel beim gemeinsamen Essen.
Je kleiner die Kinder, desto eher sind sie dazu bereit und desto normaler sind handyfreie Zeiten.
Wichtig ist: Lasse dein Kind im Medien-Dschungel nicht alleine, sondern begleite es, indem du dich dafür interessierst und mit deinem Kind darüber sprichst, was es im Netz macht.
„Ich würde mir wünschen, dass sich die Eltern damit mehr beschäftigen und die Kinder in der analogen Welt ein bisschen mehr laufen lassen“, hofft Maas.
Kinder sind gelangweilt, ungeduldig und schnell frustriert

„Die Erklärung ist, dass wir heute mit aller Macht versuchen, das Glück in die Kinder hineinzubekommen, anstatt den Kindern die Chance zu geben, das Glück selbst zu entdecken“, erklärt der Generationenforscher.
In meinen Begleitungen erlebe ich viele Familien, die beklagen, dass sich ihre Kinder nicht selbst beschäftigen können.
Eltern fühlen sich als Entertainer, müssen den Clown spielen, ihre Kinder unterhalten.
Langeweile der Kinder wird sofort im Keim erstickt mit einem Gegenprogramm.
Kinder brauchen jedoch Langeweile, um ihre Fantasie zu entwickeln:
Gerald Hüther, der bekannte deutsche Hirnforscher, sagt:
„Langeweile ist eine sehr wichtige Erfahrung und für die Entwicklung der Fantasie unerlässlich.“
Da heißt es also für Eltern: Aushalten bis das Kind eine tolle Idee hat, was es mit seiner Zeit anfangen will.
Neben Langeweile ist auch Geduld ein großes Thema.
Als ich ein Kind war, kam einmal die Woche meine Lieblingssendung im Fernsehen.
Wenn ich die verpasst habe, musste ich mir in der Schule von meinen Klassenkameraden erzählen lassen, was in der verpassten Folge passiert war.
Heute warten Kinder nicht mehr auf ihre Lieblingssendung.
Wenn sie Lust darauf haben, schalten sie Netflix und Co. an und los geht es – sofort.
Und wenn sie zwischendrin auf Toilette müssen, wird der „Pause-Knopf“ gedrückt.
Kinder heute warten auch nicht mehr auf die drei Tage andauernde Entwicklung der Urlaubsbilder im Fotolabor, sondern haben alle Bilder direkt auf einem digitalen Gerät.
Aber nicht nur Kinder von heute sind ungeduldig.
Mitunter, weil es oft schnell gehen muss, und auch Eltern wenig Geduld und Zeit haben, wird das Kind schnell angezogen, anstatt ihm die Möglichkeit zu geben, dies selbst zu lernen.
„Oder dass Kinder, wenn man ihnen eine Aufgabe gibt und sie scheitern, sofort nach Hilfe fragen. Sie entwickeln gar nicht mehr diese intrinsische Motivation“, so Maas.
Mein Fazit: Gib deinem Kind die Möglichkeit, viel auszuprobieren.
Ermutige es.
Gib ihm Zeit.
Glaube an dein Kind.
Vertraue deinem Kind.
Schaffe Rituale und Strukturen, diese geben deinem Kind Sicherheit.
Wenn die Frustrationsgrenze niedrig ist, schenke deinem Kind die Möglichkeit, darüber in deiner liebevollen Annahme und Begleitung zu weinen.
Das ist ein Weg, wie sich Kinder von Stress befreien.
Eltern mangelt es an Zeit fürs Kind
Alles auf einmal.
Der berühmte Hut, unter den alles passen muss.
Das ist schlichtweg nicht zu schaffen.
Das ist unmenschlich.
Doch es ist zur Normalität geworden.
Das „Dorf“, das es laut einem afrikanischen Sprichwort braucht, um ein Kind zu erziehen, existiert nicht mehr.
Die Oma wohnt oft zu weit weg, die Tante hat selbst keine Zeit.

Die Eltern machen beide Karriere und das Kind muss schon früh angepasst in der Kita funktionieren.
Finanzieller Druck.
Gesellschaftlicher Druck.
Druck, den sich die Eltern selbst machen.
Und dazwischen das oder die Kinder.
Kinder sind ein Vollzeit-Job.
Darüber brauchen wir uns wohl nicht streiten.
Mein Fazit: Schenke jedem deiner Kinder Alleinzeit mit dir.
Ich sage bewusst: Schenke!
Denn Zeit ist ein Geschenk!
In der heutigen Zeit mehr denn je!
Lege alles zur Seite, was euch unterbrechen könnte und sage zu deinem Kind:
„Ich habe 30 Minuten Zeit – nur für dich! Was möchtest du mit mir machen?“
Überlasse ihm oder ihr die Regie.
Mache dies so oft du kannst und erlebe, wie sich die Beziehung zu deinem Kind verändern wird.
Und erlebe auch du die Entschleunigung, die die gemeinsam verbrachte Zeit mit sich bringt.
DAS ist die Investition in die Zukunft.
DAS ist, was helfen wird, dein Kind trotz der widrigen Umstände, in denen es groß wird, zu versorgen mit allem, was es braucht:
Zuwendung.
Körpernähe.
Bedingungslose Liebe.
Aufmerksamkeit.
Geduld.
Annahme aller Gefühle.
Rituale und Strukturen.
Viel gemeinsam Lachen.
Entschleunigung.

Wenn das zu deiner Grundeinstellung wird in eurem Miteinander wird dein Kind die große Ausnahme sein unter all den anderen Kindern der „Generation unglücklicher Kinder“.
Hab Vertrauen in deine elterlichen Fähigkeiten.
Du kennst dein Kind am besten!
Auch bist du die Expertin, der Experte für dein Kind!
Du bist wunderbar!
Von Herzen, deine Jenn
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